HOLY DIO Tribute REVIEW

In den letzten fünf bis acht Jahren habe ich
nicht mehr so viele verschiedene Bands auf einmal gehört (die Alice Cooper Tribute CD war
schließlich kein Doppelalbum und außerdem falsch konzipiert: DIO hätte zumindest noch
EIN bis ZWEI weitere Lieder singen müssen, wenn es nach mir gegangen wäre). Nachdem ich
mir HOLY DIO nun ein paar mal angehört habe, komme ich zu dem Schluß, daß die CD
offensichtlich dazu gedacht ist, den Fans wieder einmal unmißverständlich klar zu
machen, WIE gut RJD eigentlich singen kann...
Alle Coverversionen bleiben in recht
unmittelbarer Nähe der Originale - so gut sie das eben vermögen, versteht sich. Ich
finde es schade, daß keine Lieder der letzten beiden Alben gecovert wurden; Institutional
Man, Hunter of the heart, aber auch This is Your Life hätte ich (neben einigen anderen)
recht interessant gefunden.
Ein paar ruhige Minuten, bitte..... sind alles, was ich mir wünsche, seit die
verheißungsvoll rot-schwarze HOLY DIO CD bei uns im Haus herumliegt. An einem warmen,
bewölkten Sommervormittag packt es mich schließlich, und ich schiebe die Silberscheibe
entschlossen in den CD-Player. Kaum erklingen die ersten Töne, schon baut sich meine
zweijährige Tochter Marlene vor mir auf und verkündet strahlend:"Dio muß
singen" Ich erwäge kurz, ihr die Wörter "Tributealbum" bzw.
"Coverversion" zu erklären, und entscheide mich gerade dagegen, als Blind
Guardian den Dio-Klassiker "Don´t Talk To Strangers" intonieren. Mein
2jähriges wird plötzlich ernst, sein Lächeln erlischt und sie läßt mir noch ein
vorwurfsvolles "nicht DIO" zukommen, bevor sie sich - ein wenig enttäuscht -
ins Kinderzimmer verrollt. Damit hat sie in groben Zügen meine eigene Reaktion
vorweggenommen, aber das weiß ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht, hole mir also
beschwingt die Reste des Frühstückskaffees und drücke auf "rewind" - nochmal
von vorne, bitte!

Wertung:
Auf einer Skala, sagen wir mal, auf der Ronnie als Richtwert 10 Punkte bekommt, kann ich
jeder Coverversion im allerbesten Fall - und weil ich von Natur aus großzügig bin -
maximal 6 Punkte zubilligen.....
 |
Dont´t Talk To Strangers (Blind Guardian)
Wertung: 5 Punkte

Foto: Virgin Records
|
Gute Darbietung mit ein paar sehr engagierten Ansätzen, die erforderliche Magie in
die Sache zu bringen. Eine Band also, die ich mir bei einer (kostengünstigen) Open-Air-
Veranstaltung durchaus ansehen würde. Der Vokalist bemüht sich um Intensität, und
schafft auch eine atmosphärische Dichte, doch vor die Wahl gestellt, ziehe ich die von
Ronnie gesungene Version vor. [Da ich dunkel ahne, daß es mir wohl bei jedem Lied so
gehen wird, lasse ich diese Bemerkung bei allen weiteren Songs wohl besser weg...] |
Kill The King (Primal Fear)
Wertung: 3 Punkte

Foto: Nucear Blast Records
|
Die musikalische Umsetzung geht in Ordnung, wenn man es heftig-deftig mag. Der Sänger
versucht, noch eins draufzusetzen, aber leider - um es mal freundlich auszudrücken -
leider kommt seine Stimme nur selten gegen die laut, aber recht nett eingesetzten
Instrumente seiner Kumpels an. |
Egypt (Doro)
Wertung: 1 Punkt

Foto: "Welcome To The Tribe" - Christian Dietz & Wolfgang Bartsch -
Taurus factory
|
Langweilig, jedenfalls soweit es Doro´s Gesang betrifft, aber: Frauenstimmen höre
ich ohnehin nicht so gerne (sofern man von meiner eigenen in der Badewanne mal absieht).
Jedenfalls lasse ich mir von einem Doro-Fan sagen, daß die Dame normalerweise mehr zu
bieten hat. Vielleicht hätte doch Courtney Love den Song covern sollen?! |
Children of the Sea (Jag Panzer)
Wertung: 5 Punkte

Foto: Michael Haynes
|
Nach einem soliden, wenn auch eher mittelmäßigen Beginn glückt Jag Panzer die
eindeutige Steigerung: plötzlich wird die Musik dreidimensional - mein Wohnzimmer und ich
beginnen mitzuschwingen. Ja, das gefällt mir - dann denke ich plötzlich an die Kinder
und drehe wieder ein bißchen leiser. |
Sign Of The Southern Cross (Fates Warning)
Wertung: 2 Punkte

Foto: Massacre Records
|
Den ersten Teil des Liedes hätten Fates Warning wohl besser weggelassen, denn der
liegt jenseits ihrer Möglichkeiten. Dann - und nur dann, zusammen mit äußerst sparsam
eingesetztem Gesang - (vielleicht bloß den Refrain?) - wär´s vielleicht ganz passabel
geworden. So aber.... Nachdem die Interpretation gegen Ende zu glücklicherweise doch noch
ein wenig an Intensität gewinnt, gibt's gerade noch einen zweiten Punkt. |

Foto: Catch The Rainbow
|
Schlecht ist diese Coverversion ziemlich sicher nicht, oder? Ich bemühe mich -
unwillig, aber nichtsdestotrotz ernsthaft - um ein wenig Objektivität und versuche,
*NICHT* ständig an RJD´s Stimme zu denken. Das fällt mir allerdings gerade bei diesem
Lied besonders schwer, ich vermisse da irgendetwas , die Version gefällt, aber sie
verzaubert nicht. Die Vermutung liegt nahe, daß Menschen wie ich nicht für Tribute-Alben
geeignet sind. Egal, meine Neugier ist stärker, ich lausche und lausche - das Lied kommt
mir endlos vor. |
Long Live Rock´n Roll (Gamma Ray)
Wertung: 3 Punkte

Foto: Axel Jusseit
|
Ich schrecke schlagartig aus meinen umherdriftenden Gedanken hoch, finde aber aus
meinem Tief nicht so recht heraus. Den Chorgesang (?) beim Refrain finde ich nicht so toll
und hole mir mal -für alle Fälle - eine weitere Tasse Kaffee. |
Country Girl (Swanö Tägtren)
Wertung: 4 Punkte

Foto: Nuclear Blast Records & Black mark Production
|
Interessant - besonders, weil ich auch das Original noch nicht so oft gehört habe.
Gefällt mir, aber wirft mich nicht um (vielleicht war es ja auch gar nicht für so einen
Effekt konzipiert). Diese Nummer klingt in meinen Ohren noch am wenigsten nach DIO. |
Gates of Babylon (Yngwie Malmsteen)
Wertung 5 Punkte

Foto: Mark Weiss / Angles
|
Ja, damit kann ich etwas anfangen, wirklich gut gemacht: schöne Musik und der Sänger
ist auch OK. Warum also drängen sich die Zeilen aus Just Another Day "You
never sing for pleasure, you only make the sounds" ständig in mein Hirn? Ich denke,
ich werde die innere Stimme ausnahmsweise mal ignorieren. |
|
HALBZEIT! Was mich überrascht hat: die meisten Lieder "funktionieren" auch ohne
RJD´s phänomenale Stimme, weniger fesselnd zwar und nicht ganz so funkelnd, aber für
ein bißchen tanzen und/oder headbangen reichts (fast) immer noch.. Anmerken möchte ich
noch, daß ich ausnahmslos jeden Vokalisten bewundere, der es überhaupt wagt, sich per
Cover-Version einem direkten Vergleich mit DER Stimme des Heavy Metal zu stellen. Meine
Hochachtung! Und dennoch: jener Teil meines Herzens, der schon seit Jahren sein
prächtiges DIO-Logo trägt wird voraussichtlich auch weiterhin bei jedem Lied dieser
Tribute-CD bluten bei dem Gedanken daran, wie gut das Original klingt. [Das hindert den
Rest meiner Persönlichkeit natürlich nicht daran, sich prächtig zu amüsieren!!]

 |
We Rock (Grave Digger)
Wertung: 4 Punkte

Foto: Jens Peter Boltendahl
|
Die Band versucht, eindringlich zu klingen um den Zuhörer zu fesseln. Und es scheint
ihnen zu gelingen, da ich darauf verzichte, mir gerade jetzt frischen Kaffee aus der
Küche zu holen. Der Sänger gibt sich Mühe, obwohl - so manches "We rock"
klingt in meinen Ohren bereits leicht verzweifelt.. |
Man on the silver mountain (Hammerfall)
Wertung: 3 Punkte

Photo: Michael Johansson
|
Angenehm nahe am Original, wenn man von der fehlenden Brillianz mal absieht. Ich
nütze die Gelegenheit und hole mir ein paar Kekse. |
Holy Diver (Holy Mother)
Wertung: 5 Punkte

Photo: Crazy Life Music
|
Gefällt mir, wenn auch der Sänger für meine Ohren fast schon ein wenig kitschig
klingt. Die Band operiert offenbar getreu dem Motto "Wenn wir möglichst nah am
Original bleiben, kann nichts schief gehen." Und ich muß sagen, das Konzept geht
auf. |
Kill The King (Stratovarius)
Wertung: 1 Punkt

Photo: Modern Music Records
|
Diese Coverversion finde ich nichtssagend und etwas zu schnell. Zum Glück ist das
Lied bald aus - vielleicht, weil ich in Gedanken bereits überlege, mit welcher DIO CD ich
meine Ohren anschließend verwöhnen werde. Auch die Tatsache, daß Stratovarius am Ende
des Liedes ihr Schlagzeug noch einem kleinen Funktionstest unterziehen, stimmt mich nicht
fröhlicher, den einen Punkt gibt's dafür, daß das Lied immerhin noch klar zu erkennen
ist. |
Still I´m sad (Axel Rudi Pell)
Wertung: 6 Punkte

Photo: Volker Beushausen
|
Gut. Wirklich gut. Ich staune, freue mich, und höre endlich auf, von meinen DIO CD´s
zu träumen. Hier singt jemand - und zwar Johnny Gioeli, um genau zu sein - mit ein
bißchen Gefühl und hat auch stimmlich ein paar Möglichkeiten, das schadet nie! Zur
Illustration: ich lasse meinen frischen Kaffee stehen, renne zum CD-Player um
"rewind" zu drücken: nochmal, bitte!! |
Heaven and Hell (Enola Gay)
Wertung: 6 Punkte

Photo: Volker Beushausen
|
Na, wird´s langsam besser oder handelt es sich nur um ein Zwischenhoch auf der CD?
Enola Gay liefern ihre recht ambitionierte Version von Heaven and Hell ab wobei es ihnen
sogar gelingt, ein bißchen Atmosphäre zu schaffen - die Flammen lecken sozusagen
versuchsweise an den Gitarren..... |
Neon Knights (Steel Prophet)
Wertung: 2 Punkte

Photo: Alex Solca
|
In meinen Ohren ist das hauptsächlich Lärm, was die "Propheten" da
anbieten, die Stimme des Sängers Rick Mythiasin schafft es überhaut nicht, mich
anzusprechen, geschweige denn zu fesseln und verkommt so zusammen mit der Musik zu bloßem
Krach, der nur dort, wo nicht gesungen wird, ein bißchen melodischer wird -dafür gibt's
auch die zwei Punkte. Fazit: eine Instrumentalversion wäre mir eindeutig lieber gewesen. |
Shame on The Night (Solitude Aeturnus)
Wertung: 4 Punkte

Photo: Massacre Records
|
Netter Versuch, der mit einem anderen Sänger vielleicht sogar geklappt hätte.
Andererseits: es kann auch an mir liegen, vielleicht bin ich eben einfach zu verwöhnt...
der Funke will nicht und nicht überspringen bei dieser Interpretation, obwohl die Musik
durchaus gut ist. |
The Last in Line (Destiny´s End)
Wertung: 3 Punkte

Photo: Metal Blade Records
|
Mmpffff. Destiny´s End bekommen die Seele des Liedes einfach nicht zu fassen, sie
werden dem speziellen Zauber nie wirklich gerecht. Ihre Version klingt keineswegs
schlecht, sondern bloß irgendwie - falsch. Themenverfehlung, setzen bitte! |
Temple Of The King (Angel Dust)
Wertung: 6 Punkte

Photo: Volker Beushausen
|
Gefühlvoller, schöner Beginn, das könnte aber auch am Lied selbst liegen. Ich
wünsche mir fast, das sanfte Klimpern möge noch ein wenig andauern, jedoch - einmal mehr
habe ich mir unnötige Sorgen gemacht, denn Sänger Dirk Thurisch wird dem Lied durchaus
gerecht und vergißt auch nicht auf den erforderlichen Schuß Mystik. |
|
Epilog
Der DIO Tribute ist es wert, etliche Male
gespielt zu werden, und sei es nur, um mich nicht länger dem Vorwurf aussetzen zu
müssen, daß mein Musikgeschmack einseitig wäre. "Seht her" kann ich nun stolz
sagen, "zählt mal mit, wie viele verschiedene Bands ich mir anhöre!"Bleibenden
Eindruck haben vor allem Axel Rudi Pell (Still I´m sad) , ENOLA GAY (Heaven and Hell) und
Angel Dust (Temple Of The King) gemacht - da könnte ich mir durchaus vorstellen, mal zu
einem Konzert zu gehen. Nun bleibt nur noch eines zu tun - die Holy Dio CD wird
sorgfältig der Sammlung einverleibt und ich gönne mir meine Belohnung: einmal RAINBOW
RISING auf voller Lautstärke [die Kinder schicke ich vorher zum Sand spielen in unseren
Garten]. Ausklingen soll diese Review mit einem sehr, sehr klugen Satz, den ich auf der
zweiten Seite des exzellent aufgemachten Booklets gefunden habe:
IF YOU LOVE HARD ROCK
AND HEAVY METAL YOU HAVE TO WORSHIP DIO !
|